Tim Birkner • Alle Rechte vorbehalten

So viel Sole

Tim Birkner – 10. März 2023

Lesedauer: 4 min

Das Heilwasser, das in Bad Staffelstein aus 1600 Metern Tiefe kommt, ist stark. Es entspannt und hilft bei der Heilung. Es ist Urlaub wie Therapie zugleich.

Markus Kleuderlein kommt gerade aus dem Urlaub. „Natürlich war ich da in unserem Saunaland. Warum soll ich woanders hinfahren, wenn wir es hier so wunderbar haben“, sagt er. Kleuderlein gehört seit 25 Jahren zum Team der Obermain-Therme und ist Leiter des Therapiezentrums. Die Sole ist für ihn die Grundlage. Sie hat zwölf Prozent Solegehalt und eine Temperatur von 52 Grad Celsius, wenn sie aus der Tiefe kommt. Um zu verstehen, wie besonders das ist, möge man darauf blicken, was ein Wasser zum Heilwasser macht. 20 Grad Celsius Wassertemperatur sind mindestens vorgeschrieben. Mindestens ein Gramm Mineralien müssen pro Liter messbar sein, dann gilt das Wasser als Heilwasser. „Unser Wasser in Bad Staffelstein hat knapp 120 Gramm Mineralien pro Liter“, so Kleuderlein.

Mit viermal so viel Salz wie im Meer erfährt der Körper in den Solebecken Auftrieb. „Man fühlt sich leichter, schwerelos an“, sagt Kleuderlein. Das hat Auswirkungen auf den Körper, vor allem „für das Skelettsystem und den rheumatischen Formenkreis“ ist das wohltuend und heilend. Von den Bandscheiben und Gelenken wird Druck genommen. „Zusammen mit der Wärme entspannt das. Die Leute lassen locker, fühlen sich wohl.“

Gradierwerk
In kleinen und größeren Gradierwerken wird die das Thermalwasser zerstäubt und kann so auch eingeatmet werden.

Die Leute, das sind heute Gäste jeden Alters. Es sind Menschen, die einen Tag Urlaub machen wollen und Menschen, die das Wasser brauchen, um ihre Beschwerden zu lindern. „Wir haben Patienten und Gäste, die fahren jede Woche 200 Kilometer zu uns, nur um für eine halbe Stunde ohne Schmerzen zu sein“, berichtet Kleuderlein von seiner Arbeit.

Herbert P. ist inzwischen 76 Jahre alt und lebt im Landkreis Lichtenfels. Mit 50 war er am Ende, an seinem absoluten Tiefpunkt. Ein unheilbarer Krebs, Chemotherapie, Bestrahlungen, Transplantation. „Der Krebs war besiegt und nach ein paar Monaten bin ich gestolpert, konnte meinen Arm nicht mehr bewegen, schließlich nicht mehr laufen und saß im Rollstuhl fest“, erzählt er am Telefon. „Er hat einen eisernen Willen und sich aus dem Rollstuhl gekämpft“, sagt Kleuderlein. Zweimal in der Woche kommt P. zur Therapie in die Therme. „Nach ein paar Monaten habe ich die erste Besserung bemerkt. Ich konnte mich unter Wasser wieder bewegen. Was für ein Fortschritt und wunderbares Gefühl nach all den Jahren.“ Inzwischen kann er sich am Treppengeländer aus dem Rollstuhl ziehen, selbstständig in den ersten Stock gehen. „Ohne das Wasser und die Therapeuten in Bad Staffelstein wäre ich nicht da, wo ich heute bin“, sagt P. Eine Woche Pause könne sein Körper verkraften, zwei Wochen seien schon zu lang. „Da merke ich sofort, dass es wieder schlechter wird.“

Psyche und Wille spielen eine wichtige Rolle. „Wir können bei der Heilung helfen, Wunder können wir nicht vollbringen“, weiß Kleuderlein. Das gilt auch für den Alltag, der in der Therme um acht Uhr beginnt. „Wir starten mit den älteren Generationen in den Tag, dann wird das Publikum immer jünger“, beobachtet er. Die Pandemie hat auch dazu beigetragen, dass die Therme und das Saunaland inzwischen zum Event geworden sind. „Die Clubs hatten zu, die Therme offen, also sind sie notgedrungen zu uns gekommen – und viele sind geblieben, finden es cool bei uns.“ Und Drinks gibt es in der Therme auch im Wasser.

Wenn Kleuderlein in andere Thermen und Saunalandschaften geht, bemerkt er, was er in Bad Staffelstein alles hat. „Es gibt viel Platz, genügend Ruheräume“ und „im Außengelände ist man eingebettet zwischen Staffelberg und Banz“. Zusammen mit der Sole sei man in einer anderen Welt.

Als Therapeut weiß er, dass das Wasser jedem und jeder gut tut. Es entspannt in einer Zeit, die bei vielen durch Anspannung geprägt ist. „Unser Körper braucht Natriumchlorid, also Salz. Manchmal lasse ich nach einem Bad in unserer Sole das Salz auf meiner Haut. Der Körper nimmt sich soviel er braucht – niemals zu viel.“ Kleuderlein lebt seinen Beruf als Therapeut und er lebt die Therme.

Zehn Minuten schwerelos in der Natursole baden, dann 20 Minuten ruhen. Das sind Tipps, die Kleuderlein gibt. Jeder kann das nach seinem Wohlbefinden wiederholen und noch einen viertelstündigen Saunagang dazwischen einlegen. „Vor allem die Ruhepausen dazwischen sind wichtig“, sagt er.

Salz desinfiziert auch. Das merkt Kleuderlein, wenn er mit Kratzern auf der Haut ins Wasser steigt. „Das brennt leicht, beschleunigt aber gleichzeitig den Heilungsverlauf.“ Auch innerlich kann die Sole durch ihre desinfizierende Wirkung angewendet werden. Im Kurpark gibt es zwei Gradierwerke, die das Wasser zerstäuben, sodass es auch inhaliert werden kann. Sie sind für jeden frei zugänglich und von Ostern bis Ende Oktober in Betrieb. In der Therme gibt es ein weiteres im Außenbereich und eine Sauna mit dem gleichen Prinzip. Im Therapiebereich führt Kleuderlein vor, wie die Sole noch intensiver geatmet werden kann. Auf zwei Prozent verdünnt, können Gäste die Sole inhalieren.

Wie gut die Sole tut, erlebt Kleuderlein jeden Tag bei der Arbeit. Die Rückmeldungen der Gäste und Patienten stärken ihn: „Die Leute lachen uns an und sind dankbar. Das ist ein tolles Geschenk.“